Wäre die Weihnachtsgeschichte heute noch möglich? -Die zunehmende Lichtverschmutzung wird zur Herausforderung für Mensch und Tier

Das Projekt ,,Sternenfunkeln über Friesland" lobte in einer Veranstaltung die zeitgemäßen Beleuchtungskonzepte des Schlossmuseums Jever und der Kommunen Sande und Zetel.

Welche Auswirkungen hat Lichtverschmutzung auf Flora und Fauna?" lautete das Thema, zu dem das Projekt "Sternenfunkeln über Friesland" beteiligte Projektpartner und die Öffentlichkeit zu einem Vortrag mit mehreren Fachreferentinnen und Fachreferenten einlud. Das Projekt wurde 2021 vom Landkreis Friesland und der mobilen Umweltbildung-MOBILUM in enger Zusammenarbeit mit der Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer und dem Projekt Naturkieker initiiert, mit dem Ziel, gemeinsam mit einem Partnernetzwerk von Akteurinnen und Akteuren einen Beitrag zur Verringerung der Lichtverschmutzung zu leisten.

Dr. Andreas Hänel von der Fachgruppe Dark Sky der Vereinigung der Sternfreunde und der Kommission Lichtverschmutzung der Astronomischen Gesellschaft lobte das Projekt als in der Region beispielhaft angesichts der zunehmenden Lichtverschmutzung von allein in Deutschland jährlich 6%.

Vorreiter für zeitgemäße, nachhaltige Beleuchtungskonzepte seien insbesondere das Schloss Jever und die Biosphären-Kommunen Zetel und Sande, die ihre Beleuchtung nachts zwischen 23.00 Uhr und 6 Uhr ausschalten -eine sehr einfach umzusetzende und äußerst effiziente Maßnahme mit positiven Auswirkungen auf mehreren Ebenen: So habe das Abschalten nächtlicher Beleuchtungen für die Kommunen in Zeiten angespannter Haushaltslagen ein erhebliches Einsparpotential. Als Beispiel nannte Haenel die Stadt Gütersloh, die allein durch nächtliches Ausschalten der Beleuchtung zwischen 0.00 Uhr und 4.00 Uhr allein jährlich 60.000 € einspart. "Kommunen sind gesetzlich nicht zu einer nächtlichen Beleuchtung verpflichtet, einzige Ausnahme sind Fußgängerüberwegungen (Zebrastreifen)", erlauterte Hänel den rechtlichen Hintergrund dieser Maßnahme. Erheblich sei das Einsparpotential auch an CO2 für den Klimaschutz - in Deutschland werden durch die nächtliche Straßenbeleuchtung 28 Millionen Tonnen CO2 emittiert.

Wichtig sei jedoch, nun mit Weitblick zu handeln und nicht die bisherigen Leuchtmittel einfach durch LED zu ersetzen, betonte Dr. Andreas Hänel eindringlich. Denn viele LED-Lampen haben eine große Leuchtstärke und ein Lichtspektrum mit einem hohen Blauanteil, sogenanntes "kaltweißes Licht", das die Lichtverschmutzung verstärke. Zukunftsfähige Beleuchtungskonzepte beziehen hingegen den Schutz der Fauna ein, nutzen Bewegungsmelder, Leuchtmittel mit einem warmweißen bis bernsteingelben Farbspektrum mit einer Farbtemperatur von 2200-2400 Kelvin sowie Lampen, die keinesfalls nach oben oder zur Seite strahlen, sondern ganz gezielt nur Bereiche ausleuchten, die beleuchtet werden müssen. Testinstallationen zeigen, dass warmweiße, blendfreie Lampen zudem als angenehmer empfunden und bevorzugt werden.

Menschen und Tierwelt profitieren gleichermaßen von der nächtlichen Dunkelheit, da auch Singvögel und sogar Fische für einen gesunden Schlaf das Hormon Melatonin benötigen, das sich ausschließlich bei Dunkelheit bildet, "jedoch haben Tiere kein Rollo, das sie gegen die Lichteinflüsse herunterziehen können". Über die Hälfte der Insektenarten sei nachtaktiv, viele orientieren sich bei nächtlicher Dunkelheit an den zarten Lichtern der Sterne. Die Tiere verwechseln künstliche Lichtquellen mit den Sternen, fliegen darum herum und verenden oft schließlich entkräftet. Bernsteingelbe Lampen hingegen werden weniger angeflogen. "In besonderem Maße profitieren auch die Zugvögel von nächtlicher Dunkelheit, insbesondere während der Zugzeiten in den Monaten Oktober und März, da sie sich auf ihren langen Reisen am Sternenhimmel orientieren", erläuterte Katrin Kirfel von der Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer.

Angesichts der anstehenden dunklen Jahreszeit raten die Projekteteiligten zu einer reflektierten Nutzung von Weihnachtsbeleuchtungen und Dekorationsbeleuchtungen, insbesondere Solarleuchten -"ein Licht wird ja dann zu etwas Besonderem, wenn es drumherum dunkel ist". Letztere seien besonders umweltbelastend, da ihre Akkus in der Regel nach rund 500 Ladezyklen verbraucht sind, viele Rohstoffe beinhalten und häufig als problematischer Sondermüll entsorgt werden müssen.

Prof. Dr. Antje Sander, Leiterin des Schlossmuseums Jever, Stefan Eiklenborg und Olaf Oetken, Bürgermeister der Gemeinden Sande und Zetel, äußerten sich überzeugt von ihrem Konzept: "Wir würden uns darüber freuen, wenn weitere Bürgerinnen und Bürger, Betriebe, Kommunen, etc. unserem Beispiel folgen und nachts die Außenbeleuchtung bewusst ausschalten".

Die häufig geäußerte Sorge vor einer Zunahme der Kriminalität konnte Dr. Andreas Hänel nehmen: Eine sehr umfangreiche Studie aus England fand keinen Zusammenhang zwischen Abschaltungen oder Reduzierungen von Beleuchtungen und Unfällen oder Kriminaldelikten.

Informationen zum Projekt sind der Homepage des Landkreises Friesland zu entnehmen. Unter der E-Mail-Adresse sternenfunkeln@friesland.de können Ideen, Anregungen etc. mitgeteilt werden.

Initiatorlnnen und Partnerlnnen des Projektes ,,Sternenfunken über Friesland" (Foto: MOBILUM)

Anschaulich zeigte Dr. Andreas Hänel, dass Lampen keinesfalls nach oben oder zur Seite strahlen sollten, um die Lichtverschmutzung nicht zu verstärken. Stattdessen sollte Licht gezielt in die Bereiche gelenkt werden, die beleuchtet werden müssen, zudem sollten warmweiße oder bernsteinfarbene Leuchtmittel gewählt werden (Fotos: Petra Walentowitz)

Das Foto eines Astronauten, fotografiert am 19. Januar 2024 aus der ISS, lässt das Ausmaß künstlicher Beleuchtung in Europa erkennen, insbesondere der Großstädte London, Paris und Amsterdam (Foto: NASA/Expedition 70 crew)

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